Arbeitszeiterfassung bereits Pflicht?

Mögliche Rechtsfolgen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat bereits mehrfach entschieden, dass Ansprüche von Arbeitnehmern auch ohne angepasste nationale Gesetzgebung erfolgreich geltend gemacht werden können (Urteile vom 6. 11. 2018, C-569/16 und C-570/16).

Empfehlung: Arbeitgeber sollten nicht abwarten, ob und wann eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) erfolgt, sondern eher davon ausgehen, dass sie bereits jetzt zur Einrichtung eines Arbeitszeiterfassungssystems aus einer unmittelbaren Anwendung von Art. 31 Abs. 2 EU-Grundrechte-Charta (GRCh) verpflichtet sind – bei entsprechender Auslegung von Art. 3, 5 und 6 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG. Die Einrichtung eines Arbeitszeiterfassungssystems dürfte zudem eine vertragliche Nebenpflicht darstellen, nach der die Arbeitsvertragsparteien zur Rücksichtnahme auf die Interessen, Rechte und Rechtsgüter des jeweils anderen Vertragsteils verpflichtet sind.

Die Entscheidung des Arbeitsgerits Emden wird nicht das einzige zu diesem Thema bleiben und vermutlich auch Auswirkungen auf die Aktivitäten von Aufsichtsbehörden haben. Da Eigenaufzeichnungen des Arbeitnehmers vom Arbeitsgericht schon als hinreichender Nachweis für erbrachte Arbeitsleistungen angesehen wurden, sind die Hürden für Vergütungsklagen nicht mehr unüberwindlich hoch.

Was ist zu tun?

Arbeitgeber sollten nach den gerichtlichen Vorgaben ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Arbeitszeiterfassung einführen; das bedeutet:

  • Objektiv: Aufzeichnung und Erfassung der Arbeitsstunden müssen in einer Art und Weise erfolgen, die es dem Arbeitnehmer ermöglicht, die von ihm geleistete Arbeitszeit objektiv nachzuweisen.
  • Verlässlich: Die Dokumentation der Arbeitszeit muss zuverlässig und ohne Möglichkeit der Manipulationen oder Veränderung durch Dritte erfolgen.
  • Zugänglich: Jeder Arbeitnehmer muss die ihn betreffende Dokumentation ungehindert einsehen und im Bedarfsfall als Beweismittel für einen Arbeitsgerichtsprozess nutzen können.