Praxistipp:

Nehmen Sie nicht jeden Tag denselben Weg, sondern fahren Sie auch mal über die Dörfer oder eine andere Strecke. Das bringt Ihnen nicht nur Schleichweg-Kenntnisse zur eventuellen Stauumfahrung ein, sondern beschäftigt auch Ihr Gehirn und sorgt für Herausforderung und Abwechslung.

Hörbücher, Audiokurse und Podcasts machen Stauwartezeiten erträglicher, Loungemusik oder Popklassiker aus einer bewährten Playlist sorgen für bessere Laune. Und wenn Ihnen beim Fahren etwas einfällt, sprechen Sie sich einfach eine Audionotiz aufs Smartphone – aber nur mithilfe einer Freisprecheinrichtung

Pendler – ein Leben auf der Strecke?

Wer über Pendler spricht, denkt häufig an die Pendlerpauschale, verstopfte Straßen oder überfüllte, öffentliche Verkehrsmittel. Mit der zeitlichen Belastung und dem Stress für die pendelnden Mitarbeiter beschäftigen sich Arbeitgeber nur selten. Laut Definition sind all jene Pendler, die auf dem Weg zur Arbeit die Grenze ihrer Wohngemeinde überschreiten. Fernpendler fahren mehr als 50 Kilometer oder eine Stunde pro Richtung zur Arbeit. Im Jahr 2014 waren etwa 17 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland Pendler, zwei Drittel davon mit dem Auto unterwegs. Etwa 1,5 Millionen Menschen waren Fernpendler, die meisten davon Männer (Zahlen des Statistischen Bundesamts).

Pendeln macht unglücklich

Insbesondere extremen Fernpendlern, die etwa jeden Freitag und Sonntag von Hamburg nach München oder von Berlin nach Düsseldorf unterwegs sind, machen Zeitverlust, Kostenaufwand und Stress während der Fahrt sehr zu schaffen. Kanadische und Schweizer Forscher fanden heraus: Je länger der Anfahrtsweg ist, desto unglücklicher ist der Pendler mit seinem Leben insgesamt. Wer für den Weg zur Arbeit eine Stunde unterwegs ist, müsste 40 Prozent mehr verdienen, um genauso glücklich zu sein wie jemand, der seinen Job direkt um die Ecke hat.

Oft sind familiäre Umstände wie beispielsweise die Arbeitsstelle des Ehepartners, die Schule der Kinder oder soziale Verwurzelung der Anlass, den Wohnort nicht zu wechseln, obwohl dieser deutlich von der Arbeitsstelle entfernt ist. Die zusätzlichen Kosten gleichen Pendler zwar meist über steuerliche Erleichterungen und oft auch durch relativ hohe Einkommen aus, denn viele Pendler sind hoch qualifiziert. Aber die Belastung für die Familie, die während der Arbeitswoche oft allein ist, und die beständige Zeitnot des Pendlers samt der Einbuße von sozialen Kontakten und Hobbies sind starke Argumente gegen eine Beschäftigung, die dauerhaftes Pendeln erfordert.

Pendeln kann krank machen

Den meisten Stress erzeugen Verspätungen und Betriebsstörungen bei der Bahn und gefährliche/schlechte Fahrweise beziehungsweise aggressive Autofahrer im Straßenverkehr – und zwar unabhängig davon, wie weit der Weg zur Arbeitsstelle ist. Der größte Stressor ist das Ausgeliefertsein, also die mangelnde Möglichkeit, auf Zeitprobleme wie Staus oder unpünktliche Anschlüsse selbst einwirken zu können. Mehr dazu unter: www.bkk.de/31626

Zudem wachsen sich die Belastungen leicht zu einer ernsthaften Gesundheitsgefährdung aus. Viele langjährige Pendler leiden unter Erschöpfungssymptomen wie Rückenschmerzen, Hautkrankheiten, Verspannungen, Magenschmerzen, überlangen Erkältungskrankheiten oder Konzentrations- beziehungsweise Schlafstörungen. Auch der Bewegungsmangel durch die ständigen langen Aufenthalte in Verkehrsmitteln fordert seinen Tribut, denn kaum ein Pendler schafft es zeitlich, nach der Heimfahrt noch Sport zu treiben. Die häufige Folge: Bluthochdruck und Übergewicht.

Unterstützung vom Arbeitgeber Ob sich jemand trotz der Gegenargumente zum Pendeln bereit erklärt, hängt auch mit der Wertschätzung im Unternehmen zusammen. Als Arbeitgeber kann man oft die Pendelbereitschaft der Führungskräfte mit einem gehobenen Dienstwagen zur Privatnutzung, einer BahnCard oder – im Management – komfortablen Flugangeboten anerkennen.

Flexible Arbeitszeiten, eine großzügige Homeoffice-Regelung, die Nutzung wohnortnaher Büros des Arbeitgebers und die Bereitstellung etwa von Videokonferenztechnik und leistungsfähigen mobilen Kommunikationsgeräten eröffnen auch „normalen“ fernpendelnden Arbeitnehmern die Möglichkeit, einmal familiäre Belange in den Vordergrund zu stellen – oder beispielsweise einen Arzttermin wahrzunehmen. Und auch den Ausgleich durch Sport kann der Arbeitgeber unterstützen, etwa durch eine Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio am Arbeitsort oder durch Entspannungs- und Gesundheitskurse, die auf die Bedürfnisse von Pendlern angepasst sind. Schon ein ergonomisches Sitzkissen für Autopendler oder ein Nackenkissen oder -hörnchen für Bahnfahrer kann die Zufriedenheit erhöhen.

Vielen Unternehmen ist leider nicht bekannt, ob ihre Mitarbeiter um die Ecke wohnen oder mehrere Stunden lang fahren. Das gilt oft als Privatsache. Dabei ließe sich dies leicht über die Postanschrift auf der Entgeltabrechnung in Erfahrung bringen – und das jährliche Mitarbeitergespräch kann ebenfalls die Frage umfassen, welche Anfahrtszeiten der einzelne Mitarbeiter tatsächlich hat und wie es ihm damit geht. Wichtig ist aber, hierbei nicht den Eindruck zu vermitteln, wer weiter fahre, habe es wohl nötig. Ein Lob für den überdurchschnittlichen Einsatz ist hier viel angebrachter. Denn 73 Prozent der deutschen Befragten in einer Studie von Robert Half nannten das Kriterium Arbeitsweg/ Standort als einen ihrer drei wichtigsten Aspekte für einen Jobwechsel.