Mindestlohn

Rechtsprechung: Was wird auf den Mindestlohn angerechnet?

Strittig ist nach wie vor, ob und welche Vergütungsleistungen auf den Mindestlohn angerechnet werden dürfen. Nach mehreren Entscheidungen des Landesarbeitsgerichtes (LAG) Berlin-Brandenburg können Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden, wenn der Arbeitgeber diese Leistungen statt zweimal jährlich in monatlich gleichbleibenden Raten auszahlt. Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich dann bei den Sonderzahlungen um Arbeitsentgelt für die normale Arbeitsleistung, weshalb eine Anrechnung auf den gesetzlichen Mindestlohn möglich ist (LAG Berlin-Brandenburg, 12. Januar 2016 – 19 Sa 1851/15). Die Besonderheit in diesem Fall lag allerdings darin, dass die Verteilung der Sonderzahlungen durch eine Betriebsvereinbarung geregelt wurde – die das LAG im Gegensatz zur klagenden Mitarbeiterin für wirksam hielt – und nicht an weitere Voraussetzungen geknüpft war.

Somit kann dieses Urteil nicht auf die Fälle übertragen werden, bei denen die Gewährung von Sonderzahlungen von besonderen Voraussetzungen abhängt, wie zum Beispiel von der Leistung oder der Anwesenheit von Arbeitnehmern. Wenn die Sonderzahlungen nicht allen Mitarbeitern zugutekommen, wird eine Anrechnung auf den Mindestlohn wohl kaum möglich sein, wobei das letzte Wort auch zu dieser Frage natürlich das BAG hat.

Nach Ansicht des sächsischen LAG wird tarifliches Urlaubsgeld hingegen nicht für die „normale“ Leistung des Arbeitnehmers gezahlt und ist deshalb auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht anzurechnen (LAG Sachsen 27. Januar 2016 – 2 Sa 375/15). Auch der Umgang mit Zuschlägen ist im MiLoG nicht geregelt, weshalb der Teufel wie so oft auch hier im Detail steckt und Sie als Arbeitgeber jeden Fall genau prüfen müssen.

Zuschläge für Nachtarbeit werden auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns ermittelt, auch wenn die Basisvergütung weniger als 8,50 EUR pro Stunde beträgt. Nach § 6 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) haben Nachtarbeitnehmer Anspruch auf einen angemessenen Zuschlag auf das ihnen zustehende Bruttoarbeitsentgelt, also den Mindestlohn.

Weil für Überstunden dagegen keine vergleichbare gesetzliche Regelung existiert, kann für Zuschläge für Mehrarbeit auch ein geringerer Grundlohn herangezogen werden, wenn die Vergütung aus einem Grundlohn und angerechneten weiteren Leistungen besteht (LAG Berlin-Brandenburg, 12. Januar 2016 – 19 Sa 1851/15).

Akkordzuschläge sollen nach zwei sehr ausführlich begründeten Entscheidungen des Arbeitsgerichtes (ArbG) Herford nicht auf den Mindestlohn anrechenbar sein und müssen auch dann zusätzlich gezahlt werden, wenn der Mitarbeiter bei durchschnittlicher Arbeitsleistung 8,50 EUR pro Stunde erzielen kann (ArbG Herford, 11. September 2015 – 1 Ca 551/15 und 1 Ca 677/15).

Leistungsboni sollen dagegen auf den Mindestlohn angerechnet werden können. Die Begründung hierfür: Ein Bonus weise einen unmittelbaren Zusammenhang zur Arbeitsleistung auf (ArbG Düsseldorf, 20. April 2015 – 5 Ca 1675/15).

Praxistipp:

Die Anrechnung von Leistungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld auf den Mindestlohn ist leider noch nicht gesetzlich geregelt und somit einzelfallabhängig. In jedem Fall aber können Zusatzleistungen immer nur dann angerechnet werden, wenn sie allen Mitarbeitern zugutekommen.