Mobbing – Wenn Arbeit zur Folter wird

Mobbing, früher Schikane genannt, ist schwer greifbar, belastet die Betroffenen aber sehr – bis hin zum totalen Zusammenbruch. Vielen Vorgesetzten fällt es schwer, diesem Thema nachzugehen. Denn es gehört zum Wesen des Mobbings, im Verborgenen stattzufinden und kaum Spuren zu hinterlassen. Um Mobbern auf die Spur zu kommen, benötigen Sie viel Vertrauen – und sollten gleichzeitig sehr auf Objektivität achten.

Gerüchte und mangelnde Information

Oft sind es kleine Dinge, die Mobbingopfern negativ auffallen und die sie auf sich beziehen: Die tuschelnden Kollegen in der Teeküche – sprechen die etwa über mich? Warum sind alle über das Projekt XY informiert, nur ich nicht? Weshalb grüßt mich der Chef nicht – hat er was gegen mich? Und warum muss immer ich bei den Meetings Kaffee kochen? Was anderen Mitarbeitern zufällig vorkommt, gewinnt einen Zusammenhang zum Nachteil des Betroffenen. Er sieht sich angegriffen, in seiner Person oder seinem beruflichen Können abgewertet. 

Kennzeichen: Systematik

Für den Außenstehenden ist es oft schwer festzustellen, ob die Ereignisse wirklich in einem Zusammenhang stehen und von einer bestimmten Person oder einer Gruppe systematisch gesteuert werden. Denn beim Mobbing werden genau solche kleinen Sticheleien und Intrigen systematisch genutzt, um den Gemobbten zu diskreditieren oder zur Aufgabe zu zwingen. Es geht um Macht – und Demütigung. Dabei kann Mobbing sowohl unter gleichgestellten Kollegen auftreten als auch vom Vorgesetzten ausgehen („Bossing“). In einigen Fällen sollen sogar schon Geschäftsführer von ihren Mitarbeitern boykottiert und aus ihrer Funktion gedrängt worden sein („Staffing“). Je nachdem, welche Mobbingform vorliegt, bestehen unterschiedliche Eingreifmöglichkeiten.

Mobbing unter Gleichgestellten

Unter Kollegen kommt es oft zu Mobbing, wenn die Ressourcen knapper werden. Bei Arbeitsplatzunsicherheit steigt die Mobbingquote laut verschiedenen Studien deutlich an. Auch technologische und organisatorische Veränderungen im Unternehmen oder Wechsel in der Eigentümerstruktur führen zu verstärktem Mobbing 1 – es bildet sich eine interne Hackordnung heraus. Ungeklärte Zuständigkeiten und Prozesse sowie andere organisatorische Mängel begünstigen das Phänomen. Je stärker sich die Gruppe auf ihr schwächstes Mitglied „einschießt“, desto wahrscheinlicher sind schwere gesundheitliche Schäden. Laut Mobbing-Report der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) gehören Demotivation, starkes Misstrauen und sozialer Rückzug, Nervosität und Angstzustände, Selbstzweifel und Ohnmachtsgefühle sowie Leistungs- und Denkblockaden mit Konzentrationsschwächen zu den häufigsten auch betrieblich spürbaren Auswirkungen. 

Hier müssen Vorgesetzte unbedingt eingreifen und dafür sorgen, dass abwertende Bemerkungen unterbleiben. Auch das Vorenthalten von Informationen hat negative Folgen. Im Zweifel empfiehlt sich eine zeitgleiche, gebündelte Informationsweitergabe, z.B. durch Mailverteiler oder in gemeinsamen Meetings, damit niemand benachteiligt wird.

Mobbing des Vorgesetzten

Für den Betroffenen besonders problematisch ist, wenn sich der direkte Vorgesetzte am Mobbing beteiligt oder es sogar aktiv betreibt. In diesem Fall sollte der Vorgesetzte des Vorgesetzten angesprochen werden, auch der Personal-/Betriebsrat kann helfen. Wenn Sie von Mobbingvorfällen in Ihrem Unternehmen hören, bieten Sie von sich aus Hilfe an. Die Betroffenen sind oft zu verunsichert, um selbst darum zu bitten. Oft kann eine Mediation zu einer besseren Verständigung beitragen, sofern der Mobber in ein Gespräch einwilligt – Schwerpunkt der weiteren Beratung ist dann, die Verhaltensstrukturen nachhaltig zu verändern. Für den Gemobbten kommt etwa eine psychologische Betreuung infrage.

Mobbing vorbeugen

Eine gesunde Unternehmenskultur ist das beste Mittel gegen Mobbing. Entsprechend ist der Aufbau einer Organisations- und Führungskultur sehr hilfreich, in der eine Wertschätzung aller Mitarbeiter – gleich welcher Hierarchiestufe – und eine konstruktive Zusammenarbeit ausdrücklich gefordert und unterstützt wird. Dazu gehört auch ein rasches und entschiedenes Einschreiten, wenn gegen diese Forderung verstoßen wird. Vorgesetzte, die offen kommunizieren und ihre Mitarbeiter in Entscheidungen einbeziehen, sind ein wirksames Mittel gegen Mobbing.

Praxistipp:

Weitere Informationen in der kostenlosen Broschüre „Wenn aus Kollegen Feinde werden“ der BAuA: http://bit.ly/1ONLB4x sowie in der Broschüre: „Konfliktlösung am Arbeitsplatz – Analysen, Handlungsmöglichkeiten, Prävention bei Konflikten und Mobbing“: http://bit.ly/1OUGSw1